IDM
Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft
IDM SSP 300: Die Knochenscannerin Lucy Michel

IDM SSP 300: Die Knochenscannerin Lucy Michel

Nachdem Lucy Michel im letzten jahr kurzfristig ihre Teilnahme in der IDM wegen ihrer Ausbildung absagen musste, ist die 18-Jährige in der anstehenden Saison wieder am Start. Foto: Dino Eisele, Text: Rowena Hinzmann

Nach einem Jahr „schulischer Knochenarbeit“ ist Lucy Michel wieder zurück im IDM-Karussell. Wie bereits zuvor in den Jahren 2020 und 2021 geht die 18-Jährige für das Team TSL Racing rund um Teamchef Stefan Laux an den Start. Mit einem neuen Bike soll an allen sieben Rennwochenenden wieder Gas gegeben werden.

Die neue Ausbilung hat es in sich

Schweren Herzens musste Lucy Michel im vergangenen Jahr ihren Platz in der IDM überraschend freigeben und stattdessen die Schulbank für ihre Ausbildung zur Medizinischen Technologin für Radiologie drücken. Ein Knochenjob im wahrsten Sinne, da sich Lucy nicht nur mit dem Skelett und der Anatomie eines Menschen gut auskennen muss. Sie lernt auch alles rund um Röntgendiagnostik, Strahlenphysik und -Therapie sowie Nuklearmedizin. „Ich habe mich immer schon für den menschlichen Körper und Knochen interessiert, genauso wie für Technik. Deshalb habe ich mich für diesen Beruf entschieden“, erklärt Michel, die auch selbst gerne kleine Reparaturarbeiten am Motorrad übernimmt. Der Umfang der Ausbildung sei inhaltlich allerdings breit gefächert, weshalb voller Fokus von Anfang an abverlangt worden sei. „Ich konnte mir im ersten Jahr keine Fehlzeiten erlauben, wodurch sich Rennsport und Schule nicht miteinander vereinbaren ließen“, erklärt sie ihren Vorjahresrückzug. Den ersten Part ihrer Lehre hat sie mittlerweile geschafft. Jetzt geht es in den praktischen Ausbildungsteil, der ihr glücklicherweise auch wieder Zeit für den Rennsport einräumt.

                                                                           Ein Selfie zur Erinnerung

 Als die Sächsin aus Elterlein acht Jahre alt war, kam sie durch ein Schnuppertraining das erste Mal mit dem Motorradfahren in Berührung. Auf Anhieb fand sie Gefallen an dem Motorradsport und war von nun an nicht mehr zu bremsen. Ein paar Jahre später traf sie als elfjährige auch MotoGP-Legende Valentino Rossi auf dem Sachsenring. Ein Selfie auf ihrem Instagram-Account erinnert noch heute an diesen Moment. Ein paar Tipps gab es vom neunfachen Weltmeister allerdings nicht. „Das machte nichts, dazu war ich auch noch viel zu jung“, erinnert sich die 18-Jährige zurück. Um unter anderem auf einer ihrer Lieblingsstrecken wie Schleiz oder Most das Beste herauszuholen, setzt sie stattdessen lieber auf Eigeninitiative: „Wenn ich Hilfe brauche, hole ich mir die von anderen Fahrern und frage konkret nach“, sagt Michel selbstbewusst. Das helfe ihr besonders, ihre Leistung schnellstmöglich zu verbessern und ein gutes Gefühl für die Rennen zu bekommen.

Technobass und Vorbereitungen

Vor jedem Start wird’s bei Lucy Michel vor allem eins: Laut und basslastig. Bei ihr gibt es Technomusik auf die Ohren, um in die richtige Wettkampfstimmung zu kommen. Aber bevor es dann wirklich los geht, darf ein Ritual nicht fehlen: „Erst wenn die Handschuhe zurechtgezupft sind und sie 1-A sitzen, bin ich bereit“ so die Yamahafahrerin. Ihr ausgeprägter Ehrgeiz übernehme dann den Rest.

Seit drei Jahren hält Lucy Michel sich mit dem Personal- und Mental-Trainer Maik Thies fit. Ihr Vater hatte ihn zuvor bei einer beruflichen Weiterbildung kennengelernt und stellte den Kontakt zu Lucy her. Seitdem trainieren die beiden regelmäßig an ihrer Fitness, Stabilisation und Koordination. Auch mental profitiert sie von Thiess Wissen. „Seitdem wir daran arbeiten, bin ich zum Beispiel wesentlich besser im Fahren bei Regen geworden“, so Michel. In Schleiz konnte sie sogar im letzten Jahr als Gaststarterin im Yamaha R3 bLU cRU-Cup ein komplettes Regenrennen für sich entscheiden.

                                                                                    Ziele in der neuen Saison

Dass die Rennpilotin trotz Pause nichts verlernt hat, darin ist sich auch Teamchef Stefan Laux sicher. „Sie hat Talent und arbeitet hart an sich“, so der Bayer. „Deshalb hatte ich ihr versprochen, dass wir weitermachen, sobald es ihr zeitlich wieder möglich ist.“ Für Laux ist klar, dass die Zusammenarbeit mit „Speedy Lucyana“, wie er sie liebevoll nennt, langfristig angedacht ist. In der bevorstehenden Saison soll daher in erster Linie der Spaß im Vordergrund stehen und dass sie wieder ins Renngeschehen in der IDM Supersport 300-Klasse Fuß fasst. „Wenn es ihr dann gelingt mit dem Speed der Top-10 mitzuhalten, wären wir mehr als zufrieden“, so Laux weiter.

Dass Lucy Michel weiß, wie man Rennen fährt, hat sie schon mehrfach erfolgreich bewiesen. Nun gilt es für sie, sich im Tohuwabohu der jungen wilden SSP 300-Klasse zu behaupten. Keine leichte Aufgabe wahrscheinlich. Aber mit harter Arbeit kennt sich die angehende technische Radiologieassistentin ja aus.