Most war wieder eine Reise wert. Die Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft (IDM) begeisterte die Zuschauer am vergangenen Wochenende unter strahlender Sonne mit einem Mix aus hautengen Zieleinläufen und der Möglichkeit, die Fahrer auch hautnah zu erleben. Die von der Motor-Presse Stuttgart promotete IDM hat sich den Ruf bewahrt, eine professionelle Serie zum Anfassen zu bleiben.
Nach drei Stürzen hatte der dreifache Meister Ilya Mikhalchik (BCC ALPHA VAN ZON BMW RACING) in der Königsklassse IDM Superbike mit einem Sieg spekuliert. Grund: Im Qualifying hatte er sich die Pole Position geholt. Doch er sollte sich noch gedulden müssen. Im ersten von zwei Rennen war Florian Alt (Holzhauer Racing Promotion) nach 16 Runden der große Gewinner. Rundenlang hatte er sich mit Hannes Soomer (Enemat Enos Motorsport) einen Schlagabtausch geliefert, der an Nervenkitzel nicht zu überbieten war. Mikhalchik, der zu Beginn des Gefechts zuviel wollte und dabei neben die Strecke geriet, hatte sich in der Zwischenzeit auch nach vorne gekämpft. Das Rennen war noch nicht zu Ende, da platzierte der Ukrainer eine gelungene, aber kernige Attacke auf den Esten, der keine Chance mehr zum Kontern hatte. Mikhalchik hatte damit die Honda-Doppelspitze gespalten und wurde Zweiter zwischen Alt und Soomer.
In einem turbulenten zweiten Rennen mit vielen Drehungen und Wendungen sorgte der Reverse Grid für Spannung. Hier stehen die drei Schnellsten des ersten Laufes in der dritten Startreihe und die Positionen vier bis sechs rücken in die erste Reihe vor. Die Anordnung sorgte für ein dichtes Getümmel. An der Spitze zeigten sich bald wieder Florian Alt und Hannes Soomer. Ilya Mikhalchik war im Pulk stecken geblieben. Dass er ganz am Ende doch ganz vorne war, ist das Ergebnis seiner Hartnäckigkeit und einer riesigen Aufholjagd. Er hatte sich stetig durchs Feld nach vorn gearbeitet, um zum Schluss eine Lücke auszunutzen, die sich im Scharmützel zwischen Alt und Soomer aufgetan hatte. So enttäuscht der Ukrainer nach seinem zweiten Platz im ersten Lauf war, umso freudestrahlender war er nach diesem Triumph. Und sein Teamchef Werner Daemen war völlig aus dem Häuschen, riss sich das T-Shirt vom Leib und feierte.
Soomer stürzte noch in der letzten Runde aus dem Geschehen. Dadurch kam Bastien Mackels (Team SWPN) noch aufs Podium und machte den Marken-Mix von BMW, Honda und Yamaha komplett. Dahinter kam mit Leandro Mercado (Kawasaki Weber Motos Racing) die erste Kawasaki ins Ziel. Meisterschaftsführender ist Florian Alt.
In der IDM Supersport gewann Gastfahrer Oliver Bayliss (D34G) auf Ducati das erste Rennen. Es war die Premiere der Motorradmarke aus Italien in diesem Jahr in der IDM. In der Startaufstellung hatte es noch Verwunderung gegeben. Obwohl er die Pole Position geholt hatte, stand der Australier und Sohn des dreifachen Superbike-Weltmeisters Troy Bayliss nur auf dem vierten Startplatz. Das hatte seinen Grund. Wegen fehlender, aber vorgeschriebener Reifensticker im warm-up wurde er drei Plätze zurückgesetzt. Für Bayliss, der aus der Supersport-WM kommt, kein Problem. Nach dem Start war der 19-jährige Ducati-Fahrer schon in der ersten Kurve in Führung, die er bis ins Ziel nicht abgab. Weil Bayliss außerhalb der Wertung fuhr, kehrte der Niederländer Melvin van der Voort (Team SWPN) nach seinen Stürzen bei der letzten Veranstaltung auch als Zweiter auf die Ideallinie zurück, denn er bekam statt Bayliss die volle Punktzahl in der Meisterschaft, in der er der Titelfavorit ist, die aber von seinem Landsmann Twan Smits (Team Apreco) angeführt wird, der Dritter im Rennen wurde.
Das zweite Supersportrennen in Most musste nach einem Re-Start und mehreren Stürzen nochmals abgebrochen werden und wurde nicht gewertet.
In der IDM Supersport 300 dominierten an diesem Wochenende die Kawasakis vom Team Füsport – RT Motorsports by SKM – Kawasaki. Im ersten Lauf setzte sich der Tscheche Petr Svoboda in seinem Heimrennen durch und feierte seinen ersten Triumph in der IDM. Auf Platz 2 landete Dirk Geiger (Team Freudenberg-Paligo Racing). Am Rennsonntag fuhr der Spanier Inigo Iglesias (Füsport – RT Motorsports by SKM – Kawasaki) vor seinem Kollegen Petr Svoboda ins Ziel und machte einen Doppelsieg für das Team perfekt. Iglesias verließ den Rennkurs in Most als Spitzenreiter in der Gesamtwertung.
Zwei spektakuläre Rennen in der FIM Sidecar World Championship lieferten sich Todd Ellis und Emmanuelle Clement (Team Ellis/Clement/LCR Yamaha) mit Tom und Ben Birchall (Wyckham Blackwell von Birchall/LCR Honda). Das Sprintrennen am Samstag gewannen die Birchall-Brüder vor Pekka Päivärinta und Ilse de Haas (Team Bonovo Action Team/LCR Yamaha). Das Hauptrennen am Sonntag entwickelte sich zu einem fesselnden Duell zwischen Ellis/Clement und den Birchall-Brüdern, das Todd Ellis mit dem besseren Schwung aus der letzten Kurve für sich entschied.
Im Kampf um den IDM-Titel gaben Josef Sattler und Luca Schmidt (Team Bonovo Action Team/LCR Yamaha) den Ton an. Mit zwei Siegen in Most und weiteren 50 Punkten in der Tasche führen sie aktuell die Meisterschaft vor dem neuen Nachwuchsteam Lennard Göttlich und Lukas Krieg (Team Bonovo Action Team/LCR Yamaha).
Für ein volles Programm ohne Pause sorgten in Most die zusätzlichen Klassen Pro Superstock 1000, der Supersport 300 Women´s Europacup und der Northern Talent Cup. Die nächste IDM-Runde findet vom 21. bis zum 23. Juli 2023 auf dem legendären Schleizer Dreieck statt, das in diesem Jahr sein 100-jähriges Jubiläum feiert.