IDM
Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft
IDM Assen: Die Niederländer wollen ihren Heimvorteil nutzen

IDM Assen: Die Niederländer wollen ihren Heimvorteil nutzen

Ring frei für die vorletzte IDM-Runde in der Saison 2019. In Assen werden die Weichen für das Finale gestellt und vielleicht schon die ersten Titel vergeben. Text: Anke Wieczorek; Fotos, Dino Eisele, Henk Teerink

Am kommenden Wochenende biegt die Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft (IDM) 2019 auf die Zielgerade ein. Auf dem TT Circuit im niederländischen Assen könnte in einigen Klassen bereits vorzeitig die Titelfrage geklärt werden – soweit die Theorie. Wie die Praxis aussieht, wird sich vom 6. bis 8. September 2019 vor Ort entscheiden.
Auf dem 4,555 Kilometer langen TT Circuit mit seinen leicht überhöhten Kurven wird seit genau 70 Jahren jährlich ein Lauf zur Motorrad-Weltmeisterschaft ausgetragen. Auch im IDM-Kalender ist die traditionsreiche Rennstrecke im Norden Hollands inzwischen zum festen Bestandteil geworden. Hier werden die Weichen für das Finale drei Wochen später in Hockenheim gestellt. Dort werden die Meister der von der MOTOR PRESSE STUTTGART veranstalteten Meisterschaft gekrönt.

Der Titelkampf in der IDM Superbike 1000 hat sich zugespitzt. Titelverteidiger Ilya Mikhalchik hat die Führung in der Königsklasse zurückerobert und im Duell an der Spitze seinen alpha Racing-Van Zon-BMW-Teamkollegen Julian Puffe auf den zweiten Platz verwiesen. Der Ukrainer verwandelte beim vorangegangenen IDM-Lauf in Most seinen Rückstand von neun Punkten während eines Wochenendes in einen Vorsprung von 41 Punkten. Gelingt es Puffe, den Spieß noch einmal umzudrehen? Der 23-jährige Schleizer hat aber noch ein weiteres Problem. Hinter ihm lauert der Niederländer Pepijn Bijsterbosch, der ebenfalls eine BMW fährt. Zwar startet der Lokalmatador mit 40 Punkten Rückstand auf den Deutschen. Doch die spannenden Rennen in Most haben gezeigt, was alles passieren kann. Puffe muss also höllisch aufpassen, dass er den Markenkollegen hinter sich lässt.

Spannung verspricht zudem der erste IDM-Auftritt von Bastien Mackels aus Belgien in dieser Saison. Der IDM Superbike 1000-Vizemeister von 2018 gibt mit der neuen BMW S1000 RR sein Debüt in der Königsklasse. Die Wilbers-BMW-Crew hat drei Monate an dem Motorrad gearbeitet. „Mittlerweile verfügen wir auch über die Software, mit der sich Motorbremse und Traktionskontrolle abstimmen lassen“, sagt Teamchef Benny Wilbers. Mackels hat mit der neuen S 1000 RR das 6-Stunden-Rennen in Spa damit gewonnen, „und bei der IDM in Assen ist das genauso möglich“, denkt er laut.

In der IDM Superbike 1000 geht es um das Prestige der Marken. Die hochgezüchteten Motorräder von BMW, Honda, Kawasaki, Suzuki und Yamaha haben reichlich 200 PS und sind über 300 km/h schnell. Jede Marke hat mindestens einen Fahrer in der Top Ten der Gesamtwertung platziert. Alessandro Polita (Honda) ist Gesamt-Vierter, Erwan Nigon (Kawasaki) Fünfter, Marc Moser (Yamaha) Sechster und Toni Finsterbusch (Suzuki) Achter im Championat. Auch bei den Kämpfen um diese Positionen bleibt es spannend bis zum Saisonfinale.

In der IDM Supersport 600, der bewährten Aufsteigerklasse, könnte sich Yamaha-Aushängeschild Max Enderlein vorzeitig zum Meister küren lassen. Er reist mit satten 71 Meisterschaftspunkten Vorsprung auf den Gesamt-Zweiten Martin Vugrinec nach Assen. Doch Enderlein will von einer gelungenen Titelverteidigung noch nichts hören. Warum? Vor einem Jahr brach er sich in Assen bei den gleichen Aussichten im freien Training das Schlüsselbein und konnte erst auf der letzten Rille in einem dramatischen Finale in Hockenheim den Titel klarmachen.
Nichts anbrennen lassen will Stefan Ströhlein, der ebenfalls eine Yamaha fährt. Er führt den DMSB Superstock 600 Cup mit 60 Punkten Vorsprung an. In diesem darf nicht so viel an den Motorrädern verändert werden wie in der IDM Supersport 600, beide fahren aber bei getrennter Wertung im gleichen Feld. Die Zuschauer erwarten in Assen packende Entscheidungen auf höchstem sportlichen Level.

Der Kampf in der IDM Supersport 300, der Nachwuchsklasse in Deutschlands höchster Serie im Motorradstraßenrennsport, ist mittlerweile zu einem engen Schlagabtausch der europäischen Rennfahrertalente avanciert. Mit Angelo Licciardi (Kawasaki) führt ein Belgier die Gesamtwertung an. Er wird von drei Niederländern gejagt, die sich beim Heimrennen in Assen besonders große Hoffnungen machen: Rick Dunnik (Yamaha), Colin Velthuizen (Yamaha) und Ruben Bijman (Kawasaki). Alle können noch Meister werden. Die IDM Supersport 300 ist geprägt von engen Windschattenkämpfen. Zu Beginn eines Rennens lassen sich kaum Voraussagen über den Ausgang treffen. Die Entscheidung über Sieg und Niederlage fällt meistens erst in der letzten Kurve. Immer zu rechnen ist auch mit David Kuban (KTM) aus Tschechien und dem Deutschen Toni Erhard (KTM), auch wenn deren eigenen Titelchancen nur noch gering sind. Für den Titelverteidiger Erhard geht es nur noch um Einzelerfolge. Doch so könnte der 18-Jährige aus Schwarzenberg im Erzgebirge den Meisterschaftsfavoriten wertvolle Punkte stehlen.

Fester Bestandteil der IDM ist auch die IDM Sidecar, in der Tim Reeves es als siebenfacher Weltmeister das Maß der Dinge ist. Der Brite ist in seinem 600 ccm-Gespann bisher ungeschlagen. Mit 99 Punkten Vorsprung bei noch 100 zu vergebenen Zählern ist ihm der Titel im Normalfall nicht mehr zu nehmen. Ganz anders sieht es in der IDM Sidecar-Wertung für die 1000 ccm-Gespanne aus. Hier haben Mike Roscher/Anna Burkard (LCR BMW) seit Most die Gesamtführung inne. Die deutsch-schweizerische Kombination versucht nun, die entthronten Spitzenreiter Andres Nussbaum/Manuel Hirschi (LCR Yamaha) hinter sich zu halten.

Umrahmt werden die IDM-Klassen durch die Rennen des BMW Motorrad BoxerCups, des Twin-Cups sowie der Suzuki GSX-R 1000 Cups. Öffentliche Pressekonferenzen, der Zugang zum Fahrerlager und der Pitwalk machen die IDM auch beim vorletzten Saisonauftritt in Assen zu einer Serie zum Anfassen.