Es hätte vor vier Wochen in Assen passieren können. Es hätte heute im ersten Superbike-Lauf zur Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) passieren sollen. Im zweiten Superbike-Lauf ist es dann endlich passiert: Florian Alt (Holzhauer Racing Promotion) hat für Honda den Titel in Deutschlands höchster deutscher Straßenrennsportklasse geholt. Sein bis dahin einzig verbliebener Gegner Ilya Mikhalchik (BCC ALPHA VON ZON BMW RACING) war chancenlos und ist Vize.
Mikhalchik hätte unbedingt siegen müssen, aber auch dann hätte Alt ein 14. Platz zum Titelgewinn gereicht. Durch den Reverse Grid stand Alt als Vierter des ersten Rennens nun auf der Pole Position vor dem zweiten Lauf. Mikhalchik musste als Sieger vom neunten Startplatz aus loslegen, kam nicht gut weg und auf P18 aus der ersten Runde zurück. Alt dagegen präsentierte sich ganz vorne als Spitzenreiter. Die Vorentscheidung des Rennens war damit schon in der ersten Runde gefallen.
Da machte es Alt auch gar nichts aus, dass Patrick Hobelsberger (GERT56) praktisch an ihm vorbeiflog. Der Bayer hatte nach dem Pech mit dem Getriebe im ersten Lauf, das ihn aus dem Titelrennen und zurückgeworfen hatte, noch am Start gesagt: „Ich mache mir jetzt einfach einen geilen Sonntagnachmittag.“ Wie dieser aussah, daran ließ er alle teilhaben. Hobelsberger bretterte mit der GERT56-BMW über den Hockenheimring wie auf Schienen, führte das Feld souverän an und gewann das Rennen sogar mit einem Vorsprung von 2,418 Sekunden vor Hannes Soomer (Enos Enemat Motorsport). Dieser hatte lange insgeheim gehofft, dass Hobelsberger vielleicht ein Fehler unterläuft. Doch das passierte nicht, sondern der BMW-Fahrer blieb absolut sauber und holte seinen ersten Sieg in der Topklasse, in die er vor einem Jahr erst aufgestiegen ist. Es ging aber nicht nur um den Rennsieg, sondern noch um viel mehr. Vor dem letzten Rennen hatten Soomer und ihn genau ein einziger Punkt in der Gesamtwertung getrennt. Sein Sieg brachte Hobelsberger nun den dritten Tabellenplatz ein. Soomer ist Gesamt-Vierter. Der Este hatte auf der Honda immer wieder versucht, einen Tagessieg in der IDM einzufahren, war so oft dran gewesen und jetzt hat es am Ende doch nicht gereicht. Aber der „Baltic Bullet“ hat die Klasse in jeder Hinsicht bereichert.
Hinter Soomer kam Bastien Mackels (Team SWPN) als Dritter und schnellster Yamaha-Fahrer ins Ziel. Anfangs als Ersatzfahrer für den lange verletzten Rob Hartog an Bord und dann permanent eingesetzt, verabschiedete er sich mit insgesamt drei Podiumsplätzen als Gesamt-Siebter. Toni Finsterbusch (GERT56), der am Vormittag aufs Podium gefahren war, wurde im zweiten Lauf Vierter.
Dass Florian Alt überlegt handelte, sich auf keine Spielchen einließ und am Ende nur als Fünfter ins Ziel kam, tat dem Jubel keinen Abbruch, der ihn im Ziel erwartete. Im Gegenteil: Der 27-jährige Deutsche ist der IDM Superbike-Champion 2023. Er hat heute den größten Sieg in seiner Karriere geholt und erlöste Honda gleichzeitig von einer zentnerschweren Last. Er holte nach 13 Jahren den Titel für die Marke. Den letzten errang der Australier Karl Muggeridge im Jahr 2010 für das Team rund um Jens Holzhauer. Alt war überglücklich, aber auch sehr ergriffen, als er realisierte, was soeben wirklich geschehen war. Vier Mal ist er bisher Vizemeister gewesen, jetzt ist der Traum vom Titel wahr geworden. In der Auslaufrunde stand Alt auf den Fußrasten der Honda CBR 1000 RR-R und ließ sich feiern. Sein Team und seine Freunde waren in die Sachs-Kurve gerannt, um ihn in Empfang zu nehmen und ihm das Meister-Shirt überzustreifen. Sponsor X-Lite hatte einen goldenen Helm parat und Kombihersteller Schwabenleder eine Giraffe im Leder-Look, die sich an der schlaksigen Gestalt des baumlangen Florian Alt orientiert. Es war ein Freudenfest, eine Erlösung. „Ich freue mich riesig, das Ding nach Deutschland geholt zu haben“, war Alt unglaublich glücklich und stolz.
Mikhalchik schaffte es noch auf den sechsten Platz im Rennen, doch er wird die Niederlage verschmerzen können. Der Ukrainer ist bereits dreifacher Meister und seine Chancen, Alt im letzten Moment noch vom Thron zu stoßen, waren eher minimal.
IDM Superbike, 2. Lauf
1. Patrick HOBELSBERGER (DEU), BMW
2. Hannes SOOMER (EST), Honda
3. Bastien MACKELS (BEL), Yamaha
4. Toni FINSTERBUSCH (DEU), BMW
5. Florian ALT (DEU), Honda
6. Ilya MIKHALCHIK (UKR), BMW
7. Philipp STEINMAYR (AUT), BMW
8. Max SCHMIDT (DEU), BMW
9. Colin VELTHUIZEN (NLD), BMW
10.Balint KOVACS (HUN), BMW