Mit dem IDM Superbike-Titelgewinn auf der CBR 1000 RR-R hat sich Florian Alt bei Honda unsterblich gemacht. Dreizehn Jahre lag der letzte Triumph der Marke zurück. Jetzt kam endlich der lang ersehnte Erfolg. Beim Finale der höchsten deutschen Motorradrennsportserie am vergangenen Wochenende in Hockenheim zählte dabei vor allem eines: Taktik.
Florian Alt – das sind durchtrainierte 189 Zentimeter, verteilt auf 74 Kilogramm Kampfgewicht. Als er als Führender in der Meisterschaft die Rennen auf dem Red Bull Ring ausließ, weil er am gleichen Wochenende schon für die Langstrecken-WM verpflichtet war, hätte ihm Hannes Soomer die IDM-Führung abjagen können. Das ist nicht passiert. In Assen hätte Alt vorzeitig Meister werden können, doch ein unverschuldeter Sturz ließ das Vorhaben wie eine Seifenblase platzen. Die Meister-T-Shirts blieben im Karton. Sollte Alt schon wieder so ein Pech haben wie in all den Jahren, in denen er Vizemeister wurde? Viermal war der 27-Jährige auf Motorrädern von anderen Herstellern bereits Vize geworden. Doch diesmal war es anders. „Ich habe immer daran geglaubt, dieses Jahr Meister zu werden, gerade nach dem Sturz in Assen“, blickt der Engelskirchener selbstbewusst zurück. „Es gab nur ein Ziel und das war, in Hockenheim den Titel zu gewinnen. Es ging um nichts anderes. Keinen Sieg, keinen Rundenrekord, nichts.“
Alt machte es im Team Holzhauer Racing Promotion (HRP) extrem spannend. Vor dem ersten Rennen gab es viele Rechenexempel, aber abgekürzt hieß es: Wenn Hauptgegner Ilya Mikhalchik (BMW) das Rennen gewinnt, dann muss Alt aufs Podium fahren, um Meister zu werden. Der Ukrainer siegte tatsächlich und Alt wurde Vierter. Wieder kein Titel. Alts Punktevorsprung war vor dem zweiten Lauf immer noch üppig, aber abgerechnet wird eben erst zuletzt. Um Alt den Titel noch abnehmen zu können, hätte Mikhalchik nochmals gewinnen müssen und Alt hätte lediglich auf P15 ankommen dürfen.
Ende gut, alles gut: Nach 18 Runden über jeweils 3,692 Kilometer kam Alt als Fünfter und damit auch vor Mikhalchik ins Ziel. Sieg auf der ganzen Linie. „Als ich den Start gewonnen habe, habe ich aufgepasst, dass mir danach keiner reinfährt. Danach habe ich mir Gedanken gemacht, wen ich vorbeilasse und ich den Fahrern ihren Raum lasse. In den letzten drei Runden ist meine Nervosität gestiegen“, beschreibt Alt das Kribbeln im zweiten Rennen.
In der Auslaufrunde stand er auf den Fußrasten seiner Honda, ließ sich feiern und er genoss den Triumph mit jedem Atemzug. Vor der Tribüne der Sachskurve streifte er sein Meister-T-Shirt über und tauschte den Helm gegen ein goldlackiertes Exemplar. Sein Tuner und Teamchef Jens Holzhauer steckte mittendrin im Trubel. Er kostete den Moment seines bereits vierten Superbike-IDM-Titels aus. Vor 13 Jahren gelang ihm dieser Erfolg mit Karl Muggeridge (2010) und davor zweimal mit Martin Bauer (2007/2008). Und Holzhauer hörte gar nicht auf, seinen Fahrer zu loben: „Wir hatten stets außergewöhnliche Fahrer, aber wie Florian mit der Fireblade in seiner ersten Saison für uns gezaubert hat, lässt sich nicht genug wertschätzen.“
Die Zukunft sieht so aus: Laut Jens Holzhauer steht nichts einem gemeinsamen sportlichen Werdegang im Wege. Auch für Florian Alt ist Holzhauer der Ansprechpartner Nummer Eins. Zuerst steht aber der Wildcard-Einsatz in der Superbike-WM in Jerez vom 27. bis 29. Oktober 2023 auf dem Zettel.