Mit drei Punkten Vorsprung in der Gesamtwertung startete Florian Alt ins erste IDM Superbike-Rennen. Lukas Tulovic hatte den Plan, ihm die Führung abzunehmen. Dafür reichte ihm nach 15 Runden auf dem 4,555 Kilometer langen TT Circuit in Assen sein zweiter Platz auch locker aus. Sieger Dominique Aegerter fuhr als Gasfahrer nämlich außerhalb der Wertung. Das bedeutet, dass der Schweizer keine Punkte erhielt und Tulo die volle Packung einstrich. Alt kam als Vierter ins Ziel.
Dominique Aegerter (Team SWPN), Superbike-WM-Zwölfter und eingefleischter Yamaha-Fahrer, gab ein furioses Comeback in der Meisterschaft, in der er vor 19 Jahren seine Anfänge machte. Der heutige 34-jährige Eidgenosse aus dem Kanton Bern fuhr damals in der IDM 125. Die Rückkehr kam zustande, weil er das Angebot bekam, das Bike des verletzten Jan Mohr im SWPN-Team zu übernehmen. Laut Teammanager sollte Aegerter zeigen, was in der Yamaha wirklich steckt. Nach einer langen Durststrecke kam es zu einer Offenbarung, ganz abgesehen davon, dass Aegerter mit seiner WM-Erfahrung und den Erfolgen ein ganz besonderes Kaliber darstellt.
Vor dem Rennen begann es leicht von oben zu tröpfeln. Gastfahrer Moritz Jenkner stürzte in der letzten Kurve der Einführungsrunde. Seine BMW wurde aus dem Verkehr gezogen. Im Vergleich zu den Trainingstagen waren die Temperaturen auch deutlich kühler. Gleich nach dem Start schien Tulovic (Triple M Ducati Racing Frankfurt) auf der Ducati Panigale V4R auf dem besten Weg zu sein, seinem Honda-Gegner Florian Alt (Holzhauer Racing Promotion) die Tabellenführung zu entreißen. Der Baden-Württemberger drohte sich aus dem Staub zu machen. Schon jetzt sei gesagt: Auf diesem Weg klappte es nicht.
„Tati“ Mercado (Masteroil Alpha Van Zon BMW), der als Dritter in der ersten Reihe gestanden hatte, kam auf eine nasse Stelle auf der Strecke und trudelte ins Abseits. Er verlor dadurch mindestens zehn Plätze. Vermutlich war der härtere SC2-Reifen von Pirelli die Ursache. Fast die komplette Konkurrenz hatte auf den weicheren SCX gesetzt.
Nach drei Runden hatte sich an der Spitze ein Paket geschnürt aus Lukas Tulovic, Domi Aegerter, Toni Finsterbusch (GERT56 by RS Speedbikes), Florian Alt, Bálint Kovács (Masteroil Alpha Van Zon BMW) und Jan-Ole Jähnig (GERT56 by RS Speedbikes). Zu Milan Merckelbagh, Hannes Soomer, Maximilian Kofler und Lorenzo Zanetti war schon eine deutliche Lücke erkennbar. Soomer stand so weit hinten, weil er gestern in der Superpole gestürzt und auf keine bessere Zeit mehr gekommen war. Der Este musste von P13 starten.
Für Tulo an der Spitze war das Rennen eine diffizile Sache. Eigentlich hätte er Aegerter, der von hinten drückte, ganz beruhigt überholen lassen können. Der Schweizer bekam ohnehin keine Punkte. Aber das wäre nicht Tulo. Wenn ein 25-Jähriger in die WM will, dann ist nur ein optischer Sieg auf der Strecke auch ein wahrhaftiger Sieg.
In der fünften Runde zeigte sich Aegerter das erste Mal an der Innenseite von Tulo. Die Beiden kennen sich bestens. 2019 sind sie in der Moto2-EM gegeneinander gefahren. Der Ducati-Fahrer wie auch der Yamaha-Pilot zogen das Tempo an. Finsterbusch blieb allein auf der dritten Position zurück.
Der Kampf um den vierten Platz war eine Wucht und hieß: Alt gegen Kovács. Oder umgekehrt. Ausgerechnet der Underdog vom Masteroil Alpha Van Zon BMW-Team legte sich mit dem Superbike-Meister von 2023 an. Es ging hin und her. Vor allem wurden die Angriffe von Kovács immer aggressiver. Finsterbusch hatten sie längst hinter sich gelassen. Mittlerweile ging es darum, wer aufs Podest fährt. Unglaublich: es war Kovacs. In der „Geert Timmer bocht“ streute der Ungar Salz in die Wunde des Titelfavoriten. Der BMW-Fahrer hatte den Honda-Anführer auf den letzten Metern bezwungen und konnte es selbst kaum fassen.
Aegerter hatte sich Tulo in der zehnten Runde geschnappt. Nicht ganz ohne das Zutun des Deutschen. „Als Domi mich überholt hat, habe ich mich in der „Strubben“ verschaltet und bin in den Leerlauf gekommen“, meinte Tulo und ist nun doch froh, „denn der zweite Platz fühlt sich heute an wie ein Sieg. Die Bedingungen waren echt tricky.“
Sunnyboy Dominique Aegerter hatte zum Schluss 3,907 Sekunden Vorsprung und alles erreicht, was ging. „Hier in Assen zu gewinnen, für ein Team aus Holland und auf der Yamaha ist eine Freude. Und ich werde auch im zweiten Lauf Gas geben.“
IDM Superbike, Rennen 1
1. Dominique AEGERTER (CHE), Yamaha
2. Lukas TULOVIC (DEU), Ducati
3. Bálint KOVÁCS (HUN), BMW
4. Florian ALT (DEU), Honda
5. Toni FINSTERBUSCH (DEU), BMW
6. Leandro MERCADO (ARG), BMW
7. Hannes SOOMER (EST), BMW
8. Lorenzo ZANETTI (ITA), Ducati
9. Jan-Ole JÄHNIG (DEU), BMW
10.Twan SMITS (NLD), Yamaha
11.Soma GÖRBE (HUN), BMW
12.Milan MERCKELBAGH (NLD), BMW
13.Max SCHMIDT (DEU), BMW
14.Leon ORGIS (DEU), BMW
15.Maximilian KOFLER (AUT), Yamaha