Schon vor, während und nach dem ersten Rennen beim Saisonauftakt der FIM Seitenwagen-Weltmeisterschaft 2025 auf dem Circuit Bugatti wurde deutlich: Es geht genauso unvorhersehbar weiter wie es im vergangenen November geendet ist – auf und neben der Strecke. Technische Dramen, ein überraschender WM-Austritt und historische Rundenzeiten sorgten gleich beim ersten Lauf für reichlich Gesprächsstoff.
Titelverteidiger Harry Payne und sein französischer Beifahrer Kevin Rousseau (Steinhausen Racing/ARS Yamaha) mussten im ersten Qualifying einen herben Rückschlag hinnehmen: Ein gebrochener Gangschalthebel zwang sie zu einem vorzeitigen Boxenstopp und spülte das Duo zunächst nur auf Rang zwölf. Doch im zweiten Zeittraining schlugen sie eindrucksvoll zurück und sicherten sich doch noch die Pole-Position.
Nach dem Start setzten sich Payne/Rousseau direkt an die Spitze des Feldes und kontrollierten von der ersten Runde an das Geschehen. Dahinter hefteten sich Todd Ellis und Emmanuelle Clément (Team Ellis/Clement Racing/LCR Yamaha) an ihre Fersen, während Markus Schlosser und Luca Schmidt (Team Schlosser/LCR Yamaha) zunächst auf Rang drei lagen. In der zweiten Runde mussten sich der Schweizer und sein deutscher Beifahrer jedoch zunächst Tim Reeves und Mark Wilkes (Carl Cox Motorsport/ARS Yamaha) geschlagen geben und rutschten auf Platz vier zurück.
Schlosser stellt neuen Rundenrekord auf
Unbeeindruckt davon begann Schlosser wenig später seine Aufholjagd. Erst ging er an Reeves vorbei, dann kassierte er in der fünften Runde Todd Ellis ein und schob sich auf die zweite Position. Doch Schlosser hatte noch mehr vor: Zwei Umläufe später sorgte er für einen echten Meilenstein, als er mit einer Rundenzeit von 1:42,921 Minuten (Schnitt: 146,3 km/h) als erster Fahrer überhaupt die magische Marke von 1:43 Minuten auf dem 4,185 Kilometer langen Circuit Bugatti unterbot.
Trotz dieser eindrucksvollen Leistung konnte auch die schnellste Rennrunde nichts mehr daran ändern, dass Payne und Rousseau souverän als Erste die Ziellinie überquerten. „Das war ein super Einstieg zum Auftakt. Zu Beginn war ich zwar wegen des leichten Regens noch etwas vorsichtig, aber als Todd Ellis uns Druck machten, bin ich sofort auf den Trocken-Modus umgeschaltet und Gas gegeben. So konnten wir uns schnell einen guten Vorsprung herausfahren und haben den dann einfach verwaltet“, so Payne nach dem Rennen. Die offizielle Bestätigung ihres Sieges ließ jedoch auf sich warten: Nach dem Rennen legte das Team Schlosser Protest gegen das Steinhausen Racing Team ein, sodass der Motor von Payne einer intensiven technischen Überprüfung unterzogen wurde. Erst gegen 19.30 Uhr am Abend fiel die endgültige Entscheidung – alles war regelkonform, der Sieg wurde Payne/Rousseau offiziell zugesprochen.
Christies im Duell mit Ellis/Clement
Im Kampf um den letzten Podiumsplatz ging es zwischen Sam und Tom Christie (Hannafin/LCR Yamaha) und Todd Ellis heiß her. Runde um Runde versuchte Christie, an seinem britischen Landsmann vorbeizukommen, doch erst im neunten Umlauf gelang ihm das entscheidende Manöver. Damit sicherte sich der amtierende WM-Dritte hinter Payne und Schlosser den dritten Platz auf dem Podium und ließ die zweifachen Weltmeister Ellis/Clement knapp hinter sich zurück.
Tim Reeves und Mark Wilkes (Carl Cox Motorsport/ARS Yamaha), die nach einem schwierigen Qualifying wegen technischer Schwierigkeiten nur von Rang acht gestartet waren, musste im Rennen hart kämpfen. Am Ende reichte es für das Duo zu Platz fünf – allerdings mit hauchdünnem Vorsprung von nur 0,251 Sekunden vor Ted und Vincent Peugeot vom Seventy-Four Racing Team (LCR Yamaha).
Werkstetter überschägt sich in Q2
Für Patrick Werkstetter und seinen französischen Beifahrer Valentin Pirat war schon der Start ein kleiner Sieg: Nach einem Unfall im zweiten Qualifying am Vormittag war lange unklar, ob sie überhaupt antreten könnten. „Mir war in der letzten Kurve die Strecke ausgegangen und mein Lenkmanöver führte dazu, dass wir uns mit dem Sidecar überschlagen haben“, berichtete Werkstetter auf Nachfrage und fügte hinzu: „Glücklicherweise sind wir bis auf ein paar Schürfwunden unverletzt geblieben“. Das Gespann hatte jedoch einige Schäden an der Verkleidung erlitten, die jedoch mit Hilfe von Harry Payne und Kevin Rousseau, die mit passenden Ersatzteilen aushalfen, noch passend vor Start repariert werden konnten. Von Platz zehn aus ins Rennen gestartet, belegten Werkstetter und Pirat am Ende einen zufriedenstellenden siebten Rang, dicht hinter Peugeot.
Überraschender Rückzug aus der WM
Noch vor dem Rennen überraschte Bennie Streuer (Team Streuer/ARS Yamaha) mit einer unerwarteten Entscheidung: Der Niederländer zog seine Teilnahme an der Seitenwagen-WM zurück. Der Grund für seinen Rückzug seien die neuen Reifenregularien, die seit diesem Jahr gelten. Diese legen fest, dass die Teams ihre Reifen von nun an ausschließlich vor Ort im Fahrerlager kaufen dürfen. „Mit dieser neuen Regel gehe ich nicht konform. Ich möchte selbst entscheiden, woher und bei welchem Anbieter ich meine Reifen beziehe“, erklärte Streuer seinen Schritt. Bennie Streuer gehört seit 2009 quasi zum Inventar der Seitenwagen-Weltmeisterschaft – nur drei oder vier Rennen hatte er in all den Jahren ausgelassen. Umso überraschender kam nun sein Rückzug. Ob es für Streuer und seinen Beifahrer Kevin Kölsch in einer anderen Meisterschaft weitergeht, darüber wurde noch nicht nachgedacht. „Die Entscheidung ist für mich selbst noch zu frisch, um konkrete Pläne zu schmieden. Vor ein paar Stunden dachte ich schließlich noch, ich fahre in den nächsten Monaten 14 WM-Rennen“, so Streuer weiter.
Mit dem Rückzug von Steuer kämpfen nun noch 21 Gespanne um die ersten WM-Punkte. Der Start für das Hauptrennen am Samstag erfolgt um 11.50 Uhr. Der Lauf kann übers Live-Timing mitverfolgt werden.
Results FIM Sidecar World Championship, Race 1
- PAYNE / ROUSSEAU (GBR/FRA)
- SCHLOSSER / SCHMIDT (CHE/GER)
- CHRISTIE / CHRISTIE (GBR/GBR)
- ELLIS / CLÉMENT (GBR/FRA)
- REEVES/WILKES (GBR/GBR)
- PEUGEOT / PEUGEOT (FRA/FRA)
- WERKSTETTER/PIRAT (GER/FRA)
- GÖTTLICH/KRIEG (GER/GER)
- MANNINEN/MANNINEN (FIN/FIN)
- VENUS/HOFER (GER/CHE)
Link zur vollständigen Ergebnisliste.