Die Mannschaft von Champion-Alpha-Racing-Van Zon-BMW rund um Teamchef Werner Daemen ist zweifelsohne das erfolgreichste Team der jüngeren IDM-Geschichte. Sechs Titel in den vergangenen acht Jahren sprechen für sich. Nachdem der amtierende Superbike-Meister, Ilya Mikhalchik, in die britische Meisterschaft BSB abgewandert ist, musste man sich für die Saison 2025 neu aufstellen. Wir haben den Teamchef im Rahmen der offiziellen Team-Präsentation von BMW Motorrad Motorsport nach seinen Plänen für 2025 befragt.
Du hast ja in den letzten acht Jahren sechs Titel gewonnen und hattest mit Markus Reiterberger und Ilya Mikhalchik zwei außergewöhnlich starke Fahrer. Vier der Titel konntest du mit Ilya einfahren, der das Team zur Saison 2025 verlassen hat. Wie sehr schmerzt der Verlust? Hinterlässt er eine große Lücke?
Ja, sicher. Ich schätze ihn sehr als Mensch, und das ist sicher die größte Lücke. Ihn als Fahrer zu verlieren, ist natürlich scheiße. Aber der menschliche Verlust ist schlimmer. Ich habe viel mit ihm gesprochen, und ich denke, dass er diese Entscheidung treffen musste.
Die BSB Stock ist wahrscheinlich seine letzte Chance für den nächste Schritt. Ist das gut? Das weiß er nicht, das weiß ich nicht. Aber ich verstehe die Entscheidung, und ich hätte sie in seiner Situation wahrscheinlich auch so getroffen.
Jetzt ist er nicht nur aus der IDM verschwunden, sondern tritt auch nicht mehr in der Endurance-Weltmeisterschaft an. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Das war nicht allein meine Entscheidung, sondern ist in Abstimmung mit dem Team, BMW und mir gefallen. Und es war eine sehr schwierige Entscheidung. Aber wenn du 16 Rennen in der BSB fährst und EWC fahren willst, ist das fast unmöglich zu kombinieren. Das lässt sich nicht wirklich realisieren. Beispiel Suzuka: Hier müsste er am Sonntag noch Rennen fahren und am Dienstag schon in Japan trainieren. Das ist fast nicht möglich. Unsere Rennfahrer müssen schon am Freitag in Suzuka anreisen, um sich zu akklimatisieren. Ich denke auch, dass er die Strapazen der BSB unterschätzt. Sieben Rennen in der IDM und EWC, das ist machbar. Vierzehn Events in der BSB und Langstrecke halte ich für zu viel. Kann sein, dass ich hier falsch liege, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass das nicht geht.
Es war nicht einfach für mich. Ich habe ihn gern. Ich bin extra nach Kiew geflogen, als er mit dem Rennfahren aufhören wollte, habe ihn in die IDM geholt, und wir sind zusammen Meister geworden. Falls es in der BSB nicht klappt, kann er immer zurückkommen.
Gibt es ein Rennen, das du als Teamchef unbedingt gewinnen willst?
Suzuka. Wenn du ein richtiger Motorsportfan bist, gibt es ein paar Rennen, die du unbedingt gewinnen willst: Isle of Man, Le Mans, Suzuka. Ein Superbike-Titel zählt auch dazu. Wenn du ein Rennen in Cremona oder Misano gewinnst, ist das schön, aber nächste Woche interessiert das niemanden mehr. Aber wenn du auf der Isle of Man gewinnst, in Suzuka oder Le Mans siegst – das steht ein ganzes Jahr.
Wenn wir mit BMW Suzuka gewinnen könnten – das wäre etwas, was bisher keiner europäischen Marke gelungen ist. Daher kommt in diesem Jahr vermutlich auch Bagnaia (Anm. d. R.: Francesco Bagnaia, zweifacher MotoGP-Weltmeister), weil Ducati, genau wie wir, ebenfalls unbedingt in Suzuka gewinnen will.
Im EWC-Team hat sich in den vergangenen 12 Monaten viel getan. Markus Reiterberger ist die Konstante, Hannes Soomer ist als Ersatzfahrer jetzt gesetzt. Du hast vorhin ja schon angedeutet, dass BMW Motorrad bei der Personalie Mikhalchik ein entscheidendes Wörtchen mitgesprochen hat. Wer war denn die treibende Kraft hinter Steven Odendaal und Sylvain Guintoli? War das deine Entscheidung?
Solche Entscheidungen treffen wir zusammen. Zu Sylvain Guintoli muss man nicht viel sagen. Er war Weltmeister in der World Superbike sowie in der EWC und ist Testfahrer. Da gab es damals keine Diskussionen. Odendaal war zugegebenermaßen bei mir aber nicht ganz oben auf der Liste. BMW hat aber einen Zeitenvergleich mit der Rennpace erstellt. Lässt man die schnellste und die langsamsten Runden unberücksichtigt, zählt Steven mit seinem Renndurchschnitt auf allen Strecken zur Top drei. In den Tests hat sich die Entscheidung bestätigt, und er passt auch menschlich sehr gut ins Team.
Für 2025 gibt es ein neues Motorrad von BMW. Stellt euch das vor neue Herausforderungen?
Das ist kein Problem. Der Motor ist dem alten sehr ähnlich, und das Drumherum wurde verbessert. Etwas Ungewissheit gibt es aber natürlich immer.
Auch in der IDM kommt das neue Motorrad zum Einsatz, vor allem beim Personal hat sich aber viel getan. Letztes Jahr hattest du mit Jan Mohr, Phillip Steinmayr, Bálint Kovács, Ilya Mikhalchik und Max Schmidt volles Haus. Max Schmidt wechselt zu BCC, Steinmayr hat seine Karriere beendet. Wen sehen wir in dieser Saison in deiner Box?
Jan (Mohr) fährt auch nicht mehr bei uns. Milan Merckelbagh wurde letztes Jahr ja schon von uns unterstützt und bleibt. Auch (Hannes) Soomer fährt bei uns. Bálint Kovács ist noch nicht hundertprozentig sicher, bleibt aber hoffentlich auch. Wir wollen 2025 mit zwei Topfahrern starten. Soma Görbe wird in einer anderen Box stehen, fährt aber mit einem Motor von uns und wird auch von uns unterstützt. In der Stockklasse fahren wir mit Ricardo Brink und Julius Ilmberger.
Der Titel in der EWC ist für dich ein festes Ziel. Gilt das auch für den Titel in der IDM mit Hannes Soomer?
Absolut. Es wird sicher schwierig dieses Jahr, aber das ist das klare Ziel. Es wurde schon oft gesagt: „Du kannst nicht jedes Jahr Meister sein“, aber es hat sehr oft geklappt, und wir haben immer um die Spitze mitgekämpft. Neben uns sind da aber ja auch noch Holzhauer, GERT56 und Ducati Frankfurt. Es wird also nicht einfach.